New Work im Handel – Wie sieht die Arbeit der Zukunft aus?

Mit Beginn der Corona-Pandemie hat sich die Art, wie wir arbeiten, stark verändert. Homeoffice, virtuelle Konferenzen, flexible Arbeitszeiten. Doch nicht nur in den typischen Bürojobs, sondern auch im Handel sind die Veränderungen längst sichtbar, wenn auch nicht im selben Ausmaß. 

Die meisten Handelsexperten sind sich einig: New Work ist eine notwendige Voraussetzung, um zukunftsfähig zu bleiben. So verwundert es nicht, dass sich ein Großteil der deutschen Handelsunternehmen (74 Prozent) bereits in einem New-Work-Transformationsprozess befindet oder entsprechende Maßnahmen plant, allen voran die Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit sowie die Digitalisierung von Prozessen.

New Work stellt den Handel vor besonders große Herausforderungen, da der größte Teil des Personals in den Verkaufsräumen der Filialen oder in der Logistik arbeitet; Tätigkeitsfelder also, in denen ortsflexibles Arbeiten oder Homeoffice nicht möglich sind. Doch auch dort lässt es sich in Teilen umsetzen, denn New Work bedeutet nicht nur Homeoffice oder mobiles Arbeiten. New Work steht für Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, agile Projektarbeit statt starrer Abteilungsstruktur, Innovation, flexibles Arbeiten, moderne Unternehmensführung, flache Hierarchien, digitalisierte Prozesse. In jedem Falle verlangt das „Neue Arbeiten“ eine große Veränderungsbereitschaft – von Führungskräften und Mitarbeitern.

Mehrheit ist für New Work

Bei einer deutschlandweiten Händlerbefragung des EHI Retail Institute im Jahr 2021 wird die Frage nach der Notwendigkeit von New Work für die Handelsbranche recht eindeutig mit „Ja“ beantwortet. 71 Prozent der Befragten geben an, dass New Work für den Handel ein „Must have“ ist. Nur gut ein Viertel sieht in den neuen Arbeitsformen ein „Nice to have“.

Doch wie lässt sich New Work im Handel umsetzen? Denkbar wäre ein erweiterter Spielraum bei der Gestaltung der eigenen Arbeitszeit, zum Beispiel durch eine selbstbestimmte Arbeitszeitkoordination. Auch Vertrauen, Transparenz und Wertschätzung gegenüber Mitarbeitern, aber auch Partnern, der Kundschaft und den Lieferanten, wird immer wichtiger. Dazu gehört neben dem Agieren auf Augenhöhe eine offene, konstruktive Feedback- und Fehlerkultur. Eine demokratische Beteiligung der Mitarbeitenden an Entscheidungen kann darüber hinaus zu mehr Engagement des Personals und damit zu einem besseren Kundenerlebnis führen.

Voraussetzung für mehr Selbstbestimmung ist allerdings auch der Zugang zu intuitiven, digitalen Tools, mit denen die internen Abläufe gesteuert werden. Das kann der digitale Zugang zu Produkt- und Preisinformationen, Unternehmens-News sowie Personal- und Organisationsprozessen sein. Die Modernisierung der Filialen muss unbedingt die digitale Anbindung der dort Beschäftigten beinhalten, raten Experten.

New Work nur für die digitale Elite geeignet?

Vorbehalte und Bedenken gegenüber New Work gibt es in fast jedem Unternehmen. Laut der Studie des EHI Retail Institute denkt aber nur ein Drittel der Befragten, dass New Work eher für Start-ups oder eine digitale Elite geeignet ist und dass die neuen Arbeitsmodelle nicht zur eigenen Unternehmenskultur passen. Ein Großteil der Befragten zeigt sich dem Transformationsprozess gegenüber aufgeschlossen und sieht keine unüberwindbaren Hürden. Dass die Führungskräfte möglicherweise nicht mitspielen, befürchtet nur etwa ein Drittel der Befragten. Auch der Kostenaspekt scheint keinen relevanten Einfluss auf die Umsetzung von New-Work-Konzepten zu haben. Allerdings geht fast die Hälfte der Befragten von arbeitsrechtlichen Hürden bei der New-Work-Transformation aus.

Was New Work für die Gewinnung von Arbeitskräften bedeutet

Für Fachkräfte der Generation Y – also Menschen, die zwischen 1981 und 2000 geboren sind, – ist New Work nicht wirklich „neu“, sondern „normal“. Sie stellen hohe Anforderungen an die Arbeitswelt und an Unternehmen. Alteingesessene Strukturen, strenge Hierarchien, starre Arbeitsmodelle werden in Frage gestellt oder schlichtweg nicht akzeptiert. Eine sinnstiftende Tätigkeit, persönliche Entfaltung, Wertschätzung und die Möglichkeit, Beruf und Familie unter einen Hut bringen zu können, stehen im Vordergrund. Um auf dem hart umkämpften Markt junger Fachkräfte bestehen zu können, sollte das Thema New Work in jedem Unternehmen also einen hohen Stellenwert haben.

Doch New Work ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen realisiert werden kann. Es erfordert Veränderungsbereitschaft von Führungskräften und Mitarbeitern und in den meisten Fällen eine Transformation der gesamten Unternehmenskultur hin zu einem vertrauensvollen, transparenten und wertschätzenden Miteinander.

Foto: Istockphoto

 

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