KI im Handel: Die Zukunft hat längst begonnen

Beratungs-Bot, digitale Umkleideräume, dynamische Preisoptimierung – Künstliche Intelligenz bietet auch im Handel zahlreiche neue Handlungsfelder. Dabei helfen unter anderem auch die Bundesregierung und Verbände.

Vielleicht haben Sie auch schon einmal ChatGPT ausprobiert? Das interaktive Sprachmodul aus den USA hat das Thema Künstliche Intelligenz (KI) stark in den Fokus des Interesses gerückt. Und uns gezeigt, dass heute schon viel mehr mit KI möglich ist, als viele denken.

Doch was ist Künstliche Intelligenz eigentlich? Es ist vor allem Software, die eigenständig Probleme bearbeiten kann. Dabei wird der Versuch unternommen, menschliches Lernen und Denken auf den Computer zu übertragen.

Was bringt KI dem Handel?

Solche selbstlernende Systeme können im Handel repetitive Aufgaben wie Bestandserfassung, Retourenmanagement oder auch Produktbeschreibungen übernehmen. Das gilt gleichermaßen für den Onlinehandel wie für das stationäre Ladengeschäft. Bei der Bewältigung solcher Prozesse ist die KI meist schneller als Menschen. Sie verschafft somit dem Personal Zeit, sich der Kundschaft zu widmen.

Unterstützung erhalten Händler unter anderem vom Mittelstand-Digital Zentrum Handel. Dies ist eine Gemeinschaftsinitiative des Handelsverbands Deutschland (HDE), des EHI Retail Institute, des Institut für Handelsforschung, des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz und IBI Research – mit Unterstützung der Bundesregierung. Auf deren Plattform www.digitalzentrumhandel.de wird das Thema KI ausführlich erklärt. Demnach bieten sich insbesondere vier Einsatzgebiete für die KI an:

  • Optimierung des Ladens: Intelligente Kameratechnik analysiert die Laufwege der Kunden, um die Effizienz der Verkaufsfläche zu errechnen, Diebstahl zu erkennen und individuelles Kaufverhalten zu analysieren.
  • Kundenaktivierung: Vorausschauende Programme können Kundenbedürfnisse erkennen und individuell darauf eingehen.
  • Shoppingerlebnis: KI kann das Shoppingerlebnis für die Kunden verbessern. Etwa indem sie nach ausgiebiger Zielgruppenanalyse Social-Media-Beiträge automatisch erstellt.
  • Backstore-Prozesse: Eine KI-unterstützte Buchhaltung ist nur ein Beispiel, wie smarte Software repetitive Aufgaben automatisieren kann.

Laut einer Studie des HDE und Safaric Consulting aus dem Jahr 2021 unter eher technikaffinen Handelsunternehmen wird KI vom Handel vor allem zum Diebstahlschutz und zur Klassifizierung von Produkt- und Warengruppen eingesetzt (siehe Grafik). In Zukunft planen viele Handelsunternehmen komplexere Anwendungsfälle, wie zum Beispiel die Trenderkennung von Kundenbedürfnissen oder Absatzprognosen für das Aktionsmanagement.

Um aber das Einkaufserlebnis zu steigern und das Personal zu entlasten, benötigt Künstliche Intelligenz eine große Menge hochwertiger Daten. Deshalb müssen Datenbanken wie CRM und Warenwirtschaftssysteme gut gepflegt sein, bevor man über den Einsatz von KI nachdenken kann.

Praktische Anwendungsbeispiele

Der Handelsverband Deutschland hat auf seiner Website Handel 4.0 insgesamt 21 Anwendungsbeispiele aus der Praxis zusammengetragen. Diese werden nach Nutzen für Kunden und Händler, Implementierungskosten, Umsatzauswirkung und anderen Faktoren behandelt. Somit können interessierte Firmen ein Gefühl für das Thema entwickeln und einschätzen, wo sie selbst tätig werden können.

Smart Shelf. Illustration: HDE

Eines der Beispiele ist das Smart Shelf zur Bestandsüberwachung. Dabei werden Regale mit Sensoren und Kameras ausgestattet. Das Smart Shelf erkennt in Echtzeit den Bestand; droht eine Ware auszugehen, schickt das Regal eine Meldung ans Personal. Es erkennt zudem, wenn Produkte fehlplatziert sind. Zudem sammelt es Analysedaten, zum Beispiel, wie viele Kunden den Artikel in die Hand nehmen und wieder zurückstellen. „Laut einer Studie, die unter anderem bei Edeka durchgeführt wurde, kann durch eine Reduktion der Bestandslücken das Umsatzpotenzial um drei bis vier Prozent gesteigert werden“, schreibt der Handelsverband auf seiner Website. Hoher Nutzen für Kunden und Händler bei mittleren Implementierungskosten für Sensorik und Software, urteilt der HDE.

Zu den weiteren Beispielen mit hohem Nutzen zählt etwa eine smarte In-Store-Navigation. Der Kunde gibt auf seinem Smartphone an, was er im Laden sucht; die KI-Lösung berechnet für ihn die ideale Route für seine Einkaufsliste. Ganz nebenbei kann das Geschäft personalisierte Produktempfehlungen geben. Die Umsatzauswirkung sei hoch, schreibt der HDE. Allerdings ist diese Lösung technisch noch nicht ausgereift. Und: Die Kunden müssen bereit sein, ein Kundenkonto zu eröffnen und ihre Daten preiszugeben.

Viele Händler sind noch skeptisch

Gerade der letzte Punkt zeigt: Vieles ist technisch möglich, aber die praktische Anwendung steckt in den Kinderschuhen und ist mit Investitionskosten verbunden. Kein Wunder, dass in der Studie von HDE und Safaric Consulting die befragten Handelsunternehmen sagten, dass die Kosten für Einführung und Betrieb sinken und die Zahl der Anwendungsfälle steigen müsse, bevor sie selbst KI einsetzen werden (siehe Grafik). Wer jetzt also noch nicht mitmacht, muss nicht fürchten, von der Konkurrenz abgehängt zu werden.

Andere Länder sind allerdings jetzt schon weiter – etwa Großbritannien sowie viele Schwellenländer, die oft technologisch experimentierfreudiger sind. Bis sich KI auch im deutschen Handel durchsetzen wird, ist daher letztlich vor allem eine Frage der Zeit. Ein Tipp: Wer sich für das Thema interessiert und jetzt schon fit für die Zukunft machen will, sollte in den Veranstaltungskalender des Digitalzentrums Handel schauen.

Titelfoto: Adobe Stock

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