Was Mitarbeiter wirklich erwarten: Sicherheit und Freiraum

Die Erwartungen an Arbeitgeber sind heute vielfältiger denn je. Während Sicherheit und Wertschätzung für alle Altersgruppen wichtig sind, unterscheiden sich die Prioritäten in Abhängigkeit von Generation, Geschlecht und beruflicher Stellung.

Text: Gunnar Erth

Ein Montagmorgen in einer mittelständischen Firma in Mainz: Lisa Müller, 29 Jahre alt, startet in ihren Arbeitstag. Bevor sie sich in die erste Videokonferenz einloggt, blickt sie ins Unternehmensintranet. Neben Updates zur Unternehmensstrategie findet sie Informationen zu neuen Weiterbildungsangeboten – ein Thema, das ihr besonders wichtig ist. „Ich schätze es, dass mein Arbeitgeber mir die Möglichkeit gibt, mich weiterzuentwickeln und meine Ideen einzubringen“, sagt sie. Doch gleichzeitig sei es ihr wichtig, dass die Rahmenbedingungen stimmen: ein sicherer Arbeitsplatz, Flexibilität und eine Unternehmenskultur, die Wertschätzung vermittelt.

Lisa ist kein Einzelfall. Die Wünsche und Erwartungen von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber haben sich in den vergangenen Jahren spürbar gewandelt. Dabei spielen die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, der Fachkräftemangel und die Digitalisierung eine zentrale Rolle.

Sicherheit und Entwicklung: Die Basis der Zufriedenheit

Eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass es vor allem drei Aspekte sind, die Beschäftigten am wichtigsten sind: Ein sicherer Arbeitsplatz, die Möglichkeit, die eigenen Fähigkeiten einzubringen, und kurze Fahrtzeiten. Rund 90 Prozent der Befragten stuften diese Kriterien als zentral ein​. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass Sicherheit nach wie vor ein Kernelement ist, das nicht nur in Krisenzeiten geschätzt wird.

So viel Prozent der Beschäftigten halten diese Aspekte bei ihrem aktuellen oder künftigen Arbeitgeber für wichtig

Interessanterweise gibt es hier jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Generationen. So legen jüngere Mitarbeitende unter 30 Jahren besonderen Wert auf Karrieremöglichkeiten: Für 77 Prozent sind Aufstiegschancen relevant. Bei älteren Beschäftigten über 55 Jahren hingegen sehen das nur 38 Prozent so. Stattdessen bevorzugen sie tarifgebundene Unternehmen und ein stabiles Arbeitsumfeld. Diese Unterschiede zeigen, dass Arbeitgeber ihre Angebote stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Altersgruppen zuschneiden sollten.

Unterschied bei Männern und Frauen

Neben den Generationenunterschieden spielen auch geschlechtsspezifische Erwartungen eine Rolle. Frauen priorisieren beispielsweise häufiger als Männer einen sicheren Arbeitsplatz und kurze Fahrtzeiten. Der Grund liegt oftmals in familiären Verpflichtungen wie Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen, die längere Anfahrtszeiten unattraktiv machen. Flexible Arbeitsmodelle wie Homeoffice können hier eine entscheidende Entlastung bieten.

Weiterbildungen sind wichtig – ebenso wie Ideen-Workshops, in denen sich Mitarbeiter einbringen können.

Männer hingegen legen laut der IW-Studie häufiger Wert auf leistungsabhängige Vergütung und größere Entscheidungsspielräume. Diese Präferenzen lassen sich auch durch traditionelle Rollenmuster erklären, die in vielen Branchen nach wie vor bestehen. Es wird deutlich: Arbeitgeber müssen diese Unterschiede nicht nur erkennen, sondern auch gezielt darauf reagieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Erwartungen in Zeiten der Digitalisierung

Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt stark verändert – und mit ihr die Ansprüche der Beschäftigten. Die aktuelle Analyse „Attracting Talent“ von StepStone zeigt, dass insbesondere die Generation Z klare Abgrenzungen zwischen Arbeit und Freizeit fordert. Work-Life-Balance ist für diese Gruppe essenziell. Gleichzeitig spielen innovative Arbeitsweisen und die Möglichkeit, mit moderner Technologie zu arbeiten, eine zentrale Rolle. Unternehmen, die hier keine zeitgemäßen Angebote machen, werden es schwer haben, junge Talente zu gewinnen.

Auch das Thema Weiterbildung zu digitalen Themen wird immer wichtiger. Laut einer Befragung von Bitkom Research halten dies 87 Prozent der Beschäftigten für nötig. Entsprechend beliebt sind zum Beispiel Schulungen zu KI-Tools. Arbeitgeber, die solche Programme anbieten, verbessern nicht nur die Kompetenz ihrer Mitarbeitenden, sondern steigern auch deren Bindung an das Unternehmen​.

Maßnahmen für Arbeitgeber: Zwischen Wunsch und Realität

Was können Unternehmen tun, um den wachsenden Anforderungen gerecht zu werden? Zwei zentrale Ansätze können aus den Studien abgeleitet werden:

  1. Flexibilität und Sicherheit kombinieren: Die Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen wie Homeoffice und Gleitzeit kann dazu beitragen, den unterschiedlichen Bedürfnissen besser gerecht zu werden. Gleichzeitig sollte das Thema Jobsicherheit und Jobattraktivität nicht vernachlässigt werden, etwa durch betriebliche Zusatzleistungen.
  2. Weiterbildung und Karriere fördern: Klare Karrierewege, gekoppelt mit regelmäßigen Fortbildungsangeboten, sind besonders für jüngere Mitarbeitende entscheidend. Unternehmen sollten hier gezielt auf die individuellen Wünsche eingehen, um Talente zu fördern und langfristig zu binden.

Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden ernst nehmen und ihre Angebote entsprechend ausrichten, sichern sich nicht nur die Loyalität ihrer Belegschaft, sondern positionieren sich auch erfolgreich im Wettbewerb um Fachkräfte. Die Studienergebnisse sind eine klare Botschaft: Wer nicht handelt, riskiert, den Anschluss zu verlieren.

Fotos: Adobe Stock

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