S-Cashback Magazin: Frau Wahl, woher stammt Ihre Expertise in Sachen Schaufenstergestaltung?
Wahl: Ich bin eine gelernte Schaufenstergestalterin – so hieß der Beruf damals. Heute nennt sich das, ergänzt um einige neue Aspekte, Gestalterin für Visuelles Marketing. 2008 habe ich eine Trainerausbildung gemacht und anschließend Seminare und Vorträge gehalten. Irgendwann bin ich von der IHK entdeckt worden, mit denen es mehrere Berührungspunkte gibt. Unter anderem biete ich einen Zertifikatslehrgang bei der IHK Köln zum Visual Merchandiser an. Ich berate aber auch im Auftrag der IHKs und Städte Händlerinnen und Händler.
Wie läuft das ab?
Je nach Auftrag halte ich zum Beispiel abends einen Vortrag zur guten Schaufenstergestaltung und anschließend bei einem einstündigen Spaziergang durch die Stadt schauen wir uns gemeinsam an, was gut ist und wo Optimierungspotenzial ist. Am Folgetag können sie sich eintragen, wenn sie eine Einzelberatung wünschen. Dieses Angebot ist für die Händlerinnen und Händler in der Regel kostenlos und das Feedback ist immer sehr positiv.
Welche typischen Fehler begegnen Ihnen bei diesen Spaziergängen?
Vielen wird erst einmal richtig klar, was Licht bedeutet. Die Läden, die gut aussehen, haben tolles Licht und strahlen richtig in die Fußgängerzone. Ist ein Schaufenster dunkel, gehen die Leute eher dran vorbei. Die Schaufenster sind auch nicht überladen und es wird mit klaren Botschaften gegenüber den Kunden kommuniziert. Dort, wo es Verbesserungspotenzial gibt, fehlt meistens Licht, es ist überladen, unordentlich und nicht sehr sauber, es kleben zu viele Zettel an der Scheibe, teilweise mit Tesa-Film und auch noch schief, und es werden kaum Farben benutzt. Farbe ist ein wichtiges Element, um Blicke auf ein Schaufenster zu lenken.
Welche Positivbeispiele für gelungene Schaufenster haben Sie zuletzt überrascht?
Vor wenigen Wochen hat mich eine Buchhändlerin in Sinsheim beeindruckt. Im Schaufenster zum Thema Sprachführer, Reiseführer und englische Literatur hatte sie britische Flaggen aufgehängt und dazu Schilder mit Sprüchen wie „I understand only train station“ und „You come in devil‘s kitchen”. Das ist ein Schaufenster mit Augenzwinkern, das die Leute emotionalisiert. Warum das wichtig ist? Wir leben in schwierigen Zeiten, und gerade wenn mal nicht so viele schöne Dinge passieren, möchte man, dass die Freizeit so angenehm wie möglich ist. Und ein humorvoll gestaltetes Schaufenster erfüllt das. Da bleibt man stehen und sieht, dass es jemand mit Herzblut dekoriert hat.
Wie stark hängt die Gestaltung eines Schaufensters von der Branche und der Zielgruppe ab?
Sehr. Das lehre ich auch in meinem Zertifikatslehrgang unter dem Stichwort Konzeptentwicklung. Ich muss als Händler wissen, was habe ich für ein Produkt und für wen ist es. Erst wenn ich die Zielgruppe kenne, kann ich ein Konzept entwickeln. Ein Schreibwarenladen wird ein Fenster mit Schultüten und Ausstattung zum Schulanfang anders gestalten als ein Fenster für edle Schreibgeräte. Etwa mit bunten Farben für Kinder und gediegenen Farben für den teuren Füller.
Muss sich die Gestaltung des Schaufensters auch im Innenraum widerspiegeln?
Unbedingt! Als ich das Metier gelernt habe, sah es bei der Bekleidung eher sachlich aus: eine Stange weiße Blusen, eine Stange blaue Hosen, eine Stange Sakkos und so weiter. Die optische Verkaufsförderung, das Visual Merchandising, wurde erst in den 90ern entwickelt. Erst ab da wurde Wert auf die Gestaltung des Innenbereichs gelegt. Dazu zählen schöne Warenbilder oder zusammengehängte Outfits. Das ist auch nötig, weil sich das Kaufverhalten geändert hat. Früher ging man shoppen, weil man etwas gebraucht hat. Heute muss man Impulse auslösen – und zwar bei jedem Berührungspunkt, egal ob es der Internetauftritt ist, die Visitenkarte, das Schaufenster oder der Innenraum. Zudem muss alles demselben Corporate Design folgen, von den Farben über die Schrift bis zur Sprache. Sonst fehlt die Wiedererkennbarkeit.
Mit welchen einfachen Lösungen kann man viel in Sachen Wareninszenierung und Emotionalisierung erreichen?
Man muss sich erst klar werden, was Emotionalisierung bedeutet. Die Psychologen kennen sechs Grundgefühle: Die negativen Emotionen Wut, Trauer, Ekel und Angst – und als einzige positive die Freude und die Neugier. Ich sage in meinen Vorträgen: Konzentriert Euch auf die Neugierde, macht die Leute so neugierig, dass sie die Straßenseite wechseln. Die sollen sehen, dass im Schaufenster etwas passiert, etwa eine ungewöhnliche Farbe oder Bewegung. Das können Herbstblätter sein, die an Fäden von der Schaufensterdecke hängen und im Wind des Ventilators flattern. Freude löst man zum Beispiel durch einen schönen, handgeschrieben Spruch aus, mit dem der Händler oder die Händlerin die Leute zum Besuch auffordert. Ganz nach dem Motto: „Ein Laden muss Lächeln, bevor Sie es können“. Und dabei kommt es auf die Idee an, nicht auf teure Dekorationsmaterialien.
Was kann man tun, wenn man mehr Geld zur Schaufenstergestaltung in die Hand nehmen will?
Ins Licht investieren. Am besten neben einer zeitgemäßen Grundbeleuchtung in mehrere Spotstrahler investieren. Dann kann ich natürlich professionelle Gestalter engagieren. Das macht sich bezahlt, denn der Händler oder die Händlerin spart damit Zeit und auch Geld, weil ich die Dekorationsmaterialien nicht im Lager vorhalten muss. Die Gestalterinnen und Gestalter bringen die Sachen mit, bauen sie professionell auf, stellen die Strahler ein und nehmen die alten Materialien mit.
Wie oft sollte man umdekorieren?
Alle zwei bis drei Wochen. Das hängt natürlich auch von der Ware ab. In einem Modeladen mit hochwertiger Ware habe ich jede Woche umdekoriert. Wenn man ein Herbstfenster gestaltet hat, dann kann dies im Prinzip bis zur Adventszeit so bleiben, aber man muss ab und zu die Waren wechseln oder die Dekomaterialien verändern. Denn: Das Fenster kann einstauben, tote Fliegen finden sich ein und auch für die Waren ist es nicht gut – die stauben auch ein. Außerdem sind nach einer Weile die Passanten nicht mehr aufmerksam.
Und was kann man in der Adventszeit dekorieren?
Weihnachtsfenster könnte man schon ab Anfang November gestalten, sofern man es immer wieder verändert und im Idealfall eine Geschichte erzählt. Man kann schon früh einen Tannenbaum aufstellen, der anfangs noch eingepackt ist. Drei Wochen später nimmt man Baum dann heraus und stellt die Kartons dazu. Drei Wochen später ist er dann schon geschmückt. Und kurz vor Weihnachten kommen noch die eingepackten Geschenke dazu. So kann ich mit einem Gestaltungselement über zwei Monate lang Geschichten erzählen.
Haben Sie weitere Tipps für Herbst und Winter?
Die Herbstblätter, die mit dünnen Fäden von der Decke hängen und per Ventilator tanzen, habe ich schon erwähnt. Vielleicht noch eine Schaufensterfigur dazu mit Schirm in der Hand und Gummistiefeln, schon erzähle ich eine Geschichte ohne viel Materialien. Und um einfach und kostengünstig ein Schaufenster im Winter zu gestalten, könnte ich zum Beispiel mit Fensterkreide Schneeflocken an die Scheibe malen.
Das Knowhow in Firmen zur Schaufenstergestaltung hat angeblich abgenommen. Wie bildet man das eigene Personal fort? Wo bekommt man externe Hilfe?
Die großen Kaufhäuser und Möbelhäuser haben natürlich weiterhin festangestellte visuelle Gestalterinnen und Gestalter. Und für kleinere Häuser können immer noch externe Profis engagiert werden. Für alle anderen gibt es Weiterbildungen für das Verkaufspersonal, dazu haben wir Infos auf der Webseite unseres Verbands. In meinen Zertifikatskursen sind viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die staunen, weil sie nicht gewusst haben, was für ein Knowhow dazugehört, wenn man ein Schaufenster gestalten will. Dazu gehören unter anderem Aufbauprinzipien, Aufbauhilfen, Farblehre, Kundenwahrnehmung… Meine Zertifikatskurse machen wir übrigens jetzt auch hybrid.
Was heißt das?
Sie finden teilweise online und in Person statt. Wir haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland und kürzlich sogar eine Teilnehmerin aus Rumänien. Bisher mussten alle zu den vier Modulen persönlich anreisen. Jetzt ist nur noch ein Praxismodul in Präsenz, die drei Theoriemodule werden online absolviert. Auch die Prüfung ist jetzt online.
Was kostet ein externer visueller Gestalter?
Das kommt auf das Fenster und den Aufwand an. Bei einer kleinen Apotheke geht das in etwa zwei Stunden; denn da muss man in der Regel lediglich Plakate aufhängen, ein paar Gestaltungselemente dazulegen und Produkte anordnen. Bei einem großen Fenster in einem Modegeschäft könnte der Aufwand ungleich größer sein. Hier muss die Ware ausgesucht, gebügelt und den Figuren angezogen werden. Die Kosten fangen bei einem Tagessatz bei rund 500 Euro an und sind nach oben offen. Es hängt auch davon ab, ob es ein einmaliger Auftrag ist oder ein langfristiger Vertrag, in dessen Rahmen regelmäßig umdekoriert wird.
Und wo findet man die Profis?
Über unseren Verband, aber es lohnt sich oft auch im Ort bei den Geschäften rumzufragen, die schon Profis einsetzen. Das erkennt auch der Laie.
Sie sind ja auch Vorstandsmitglied im Europäischen Verband für Visuelles Marketing und Merchandising. Was machen Sie da?
In der Öffentlichkeit wird leider oft nicht gesehen, was Gestalter für Visuelles Marketing für ein wichtiger Beruf ist. Es geht im Einzelhandel darum, Erlebnisse zu schaffen – und das machen wir. Ich bin im Verband für die Aus- und Weiterbildung zuständig. Aktuell sind wir dabei, die Digitalisierung im Berufsbild stärker zu berücksichtigen – so muss zum Beispiel Digital Signage auch von jemandem gestaltet werden. Wir nehmen auch politisch Einfluss, netzwerken viel und bringen unsere Mitglieder auf Tagungen und Kongressen auf den neuesten Stand. Auch die Nachhaltigkeit ist uns wichtig. Wir haben ein Nachhaltigkeits-Label entwickelt, das eingereichte Konzepte zertifiziert, die durch uns geprüft wurden.
Was sind denn nachhaltige Schaufenster?
Das reicht von der energiesparenden Beleuchtung mit LED und geht bis hin zu nachhaltigen Gestaltungsmaterialien, die wiederverwendbar und gut zu recyceln sind und sich langfristig nutzen lassen. Auch das ist ein immer wichtigeres Thema.
Frau Wahl, vielen Dank für dieses Gespräch.
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Titelfoto: Gräbitz