Jede fünfte Firma setzt schon auf KI

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst in der Wirtschaft angekommen. Das Potenzial für Produktivitätssteigerungen ist enorm. Gleichzeitig bleibt der Schulungsbedarf hoch, denn ohne das richtige Know-how können KI-Tools ihre Stärken nicht voll entfalten.

Text: Gunnar Erth

Morgens um acht in einem mittelständischen Logistikunternehmen: Versandmanager Oliver Meier startet seinen Computer, und sofort beginnt die KI-Software, den Tagesbedarf an Lieferungen zu analysieren. Sie optimiert Routen, prognostiziert Lieferzeiten und informiert automatisch die Kunden über potenzielle Verzögerungen. Währenddessen lässt sich die Buchhaltung vom KI-gestützten Controlling-Tool unterstützen, das Rechnungen prüft und Unstimmigkeiten erkennt. In der Personalabteilung analysiert eine KI-Anwendung Bewerbungen und filtert geeignete Kandidaten heraus. Szenarien wie dieses sind heute keine Seltenheit mehr, denn Unternehmen setzen KI gezielt zur Steigerung ihrer Produktivität ein.

KI macht Unternehmen leistungsfähiger

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) setzten Ende 2024 bereits 20 Prozent der Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten KI-Technologien ein – ein Anstieg um acht Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Besonders große Firmen setzen verstärkt auf KI: Fast jedes zweite Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern arbeitet damit (48 Prozent), während es bei mittelständischen Betrieben nur 28 Prozent und bei kleinen Betrieben 17 Prozent sind. Das bedeutet: Kleinere Unternehmen, die hier vorausschauend investieren, können sich von der Konkurrenz absetzen.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland, die künstliche Intelligenz erproben/schon länger nutzen, berichten von positiven Effekten auf die Arbeitsproduktivität:

Eingesetzt werden die Technologien vorrangig im Marketing oder Vertrieb sowie für Produktions- oder Dienstleistungsprozesse. Von den Unternehmen, die bisher keine KI-Technologien nutzen, haben 18 Prozent deren Einsatz bereits in Betracht gezogen. Bisher stehen der Nutzung laut Destatis vor allem fehlendes Wissen, Unklarheit über die rechtlichen Folgen und Datenschutzbedenken im Weg.

Fehlendes Wissen hemmt den Fortschritt

Dabei zahlt sich der KI-Einsatz erwiesenermaßen aus: Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) berichten knapp 40 Prozent der Unternehmen, in denen KI fest zum Betriebsablauf gehört, von einer gestiegenen Arbeitsproduktivität. 31 Prozent der Unternehmen experimentieren aktuell mit KI-Technologien, während in 23 Prozent bereits etablierte KI-Systeme genutzt werden. Besonders wertvoll ist Künstliche Intelligenz für Unternehmen, die sie in Prozessen wie der Datenanalyse, der Spracherkennung oder der Automatisierung von Aufgaben einsetzen.

Auch die Beschäftigten profitieren: 45 Prozent der Arbeitnehmer mit längerer Erfahrung im Umgang mit KI geben an, dass ihre Arbeitsleistung in den letzten zwei Jahren gestiegen sei. Selbst unter denjenigen, die KI erst seit Kurzem nutzen, berichten noch 41 Prozent von einer Produktivitätssteigerung. Gleichzeitig gibt es aber auch Herausforderungen: 18 Prozent der Nutzer, die erst vor Kurzem mit KI-Anwendungen begonnen haben, fühlen sich aktuell sogar weniger produktiv. Ein Grund könnte die zusätzliche Einarbeitungszeit sein, die viele Tools erfordern. Firmen, die gezielt Schulungen anbieten, können diese Hürde für den Einstieg senken.

Mehr Fortbildungen zu Künstlicher Intelligenz

Damit KI ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter entsprechend schulen. Eine Studie des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass aktuell 48 Prozent der Firmen, die KI einsetzen, zumindest einige ihrer Beschäftigten zu KI weiterbilden. Allerdings schult nur jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) einen Großteil der Belegschaft. Und während 61 Prozent der Arbeitnehmer Interesse an KI-Fortbildungen haben, erhalten sie oft keine entsprechende Schulung.

Wichtig ist, dass Unternehmen Mitarbeiter zu KI-Themen regelmäßig weiterbilden.

Das hat langfristige Konsequenzen: Zwei Drittel der Unternehmen gehen davon aus, dass der Bedarf an KI-Expertise in den kommenden Jahren stark steigen wird. Trotzdem investieren viele Firmen bislang noch nicht genug in gezielte Weiterbildung. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont: „Unternehmen sollten ihre Beschäftigten frühzeitig rund um KI weiterbilden und dabei auch auf rechtliche Vorgaben, Datenschutz und Datensicherheit hinweisen.“ Betriebe, die hier aktiv werden, steigern ihre Innovationskraft und passen sich besser an neue Technologien an.

Beschäftigte bringen KI-Tools selbst mit

Ein bemerkenswerter Trend zeigt sich in Unternehmen, die bislang keine KI-Tools offiziell einsetzen: In rund jedem dritten Betrieb (34 Prozent) nutzen Mitarbeiter dennoch generative KI wie ChatGPT & Co. auf privaten Accounts jenseits der Firmen-IT. Besonders alarmierend: Nur 15 Prozent der Firmen haben Regeln für den Einsatz solcher Tools definiert, obwohl sie erhebliche Risiken für Datenschutz und IT-Sicherheit bergen können.

Der Digitalverband Bitkom weist darauf hin, dass Unternehmen dringend handeln sollten. „Es gibt ein großes und steigendes Interesse der Menschen an Künstlicher Intelligenz. Wer mit KI im Privaten positive Erfahrungen macht, will die Technologie auch im Beruf einsetzen“, so Bitkom-Präsident Wintergerst. Die Firmen sollten daher klare Richtlinien für den Umgang mit KI schaffen, um den unkontrollierten Einsatz privater Tools zu vermeiden.

Dazu gehören auch Schulungsmaßnahmen für Mitarbeiter, die den sicheren und effektiven Einsatz von KI ermöglichen. Denn ohne klare Regeln könnten Unternehmen Gefahr laufen, dass sensible Daten über nicht kontrollierte Plattformen abgewickelt werden – ein ernstzunehmendes Sicherheitsrisiko. Letztlich gilt: Eine kluge Balance zwischen Innovation, Sicherheit und Weiterbildung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Implementierung von KI im Unternehmen.

Fotos: Adobe Stock

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