In diesem Jahr feiert die Geschenk-Truhe in Essen-Kupferdreh ihr 60-jähriges Jubiläum. Das Familienunternehmen in zweiter Generation verkauft hochwertige Handwerkskunst aus dem Erzgebirge. Egal, ob geschnitzt oder gedrechselt, naturbelassen, lasiert oder lackiert, nach alten Vorbildern mit Teig modellierte Figuren oder komplett aus Holz gefertigte kleine oder große Kunstwerke: Hier wird die erzgebirgische Tradition mit viel Herzblut und Leidenschaft aufrechterhalten – und nicht nur das wissen die Kunden und Kundinnen von Inhaberin Brigitte Schmidt und Tochter Heike Postle sehr zu schätzen.
Interview: Julia Köhler
S-Cashback Magazin: Frau Schmidt, in diesem Jahr feiert die Geschenk-Truhe 60-jähriges Jubiläum – hätten Sie sich damals vorstellen können, dass Ihr Geschäft so lange besteht?
Brigitte Schmidt: Nein, überhaupt nicht. Angefangen hat ja alles ganz klein. Mein Mann betrieb früher in Hattingen/Ruhr eine chemische Reinigung. Dort haben wir das Schaufenster zur Weihnachtszeit mit meinen Holzfiguren – Nussknacker, Engel und Räuchermännchen – dekoriert. Bald kamen die Leute nicht mehr zu uns, um ihre Sachen reinigen zu lassen, sondern weil sie sich für die Figuren aus dem Erzgebirge interessiert haben – und sie kaufen wollten. Wir machten uns also auf die Suche nach Herstellern, um diese Produkte einzukaufen. Das war nicht leicht, immerhin verhinderte die Grenze den direkten Kontakt zu den Produzenten aus der damaligen DDR. Nach dem Mauerfall wurde es leichter, dann konnten wir die Manufakturen im Erzgebirge besuchen und persönliche Kontakte knüpfen. Im Laufe der Zeit haben wir dann immer mehr Holzkunst eingekauft und verkauft; das Interesse der Leute war riesig, sie kamen von überall her. Unsere Reinigung mussten wir später aufgeben, weil wir nicht mehr genügend Platz für die ganzen Kunstwerke hatten.
Aus einem Hobby wurde also ein Geschäft?
Brigitte Schmidt: Ja, das kann man so sagen. 1972 zogen wir mit unserem Geschäft und der Reinigung, die wir damals noch betrieben, nach Velbert-Nierenhof und blieben dort 44 Jahre. Als das Haus verkauft wurde, mussten wir unseren langjährigen Standort verlassen. Viele Kunden sagten uns damals zum Trost, wenn eine Tür zugeht, wird sich eine andere öffnen. Und so war es auch, wir zogen mit 400 Umzugskartons nach Essen-Kupferdreh. Hier sind wir nun schon sechs Jahre.
Essen-Kupferdreh liegt mehr als 500 Kilometer vom Erzgebirge entfernt. Woher kommt Ihre Verbundenheit zu der traditionellen Holzkunst und wie ist Ihre Sammelleidenschaft überhaupt entstanden?
Brigitte Schmidt: Das hat alles mit einem kleinen Nussknacker angefangen, den ich als junge Frau geschenkt bekommen habe. Erstmal konnte ich dieser seltsamen Figur überhaupt nichts abgewinnen, aber weggeworfen habe ich sie trotzdem nicht.
Also war es nicht Liebe auf den ersten Blick?
Brigitte Schmidt: Nicht wirklich. Irgendwann hat mir der Nussknacker aber gut gefallen und so sammelte ich die Holzkunst aus dem Erzgebirge weiter. Wir haben sie von unseren Verwandten aus der DDR geschickt bekommen. Den Nussknacker und meine erste Holzpyramide besitze ich noch heute. Mich fasziniert diese Handwerkskunst einfach so sehr. Dieses handwerkliche Können, die feinen, humorvoll gestalteten Figuren, die Gemütlichkeit und Wärme, die all die Kunst ausstrahlt. Und es sind alles Unikate.
Sie selbst stammen aber nicht aus dem Erzgebirge?
Brigitte Schmidt: Nein, ursprünglich stamme ich aus Stettin, aufgewachsen bin ich aber in Eisleben, bis ich 1950 nach Duisburg gelangte. Mein Mann stammt aus Thüringen, arbeitete eine kurze Zeit als Bergmann in Essen-Überruhr. Als wir uns kennenlernten, begann er sich gerade in Hattingen mit der Reinigung selbstständig zu machen. Später sind wir aber eigentlich jedes Jahr ins Erzgebirge gefahren, weil mich die Geschichte der Holzkunst so interessiert hat und ich wissen wollte, was das alles bedeutet, welche Geschichten hinter den Figuren stecken. Damals habe ich auch Hans Wendt kennengelernt – er leitete die berühmte Manufaktur „Wendt & Kühn“, deren Produkte wir unter anderem als Fachhändler verkaufen.
Und was haben Sie bei Ihren Ausflügen ins Erzgebirge über die Geschichte der Holzkunst erfahren?
Brigitte Schmidt: Ach, da gibt es so viele hübsche Geschichten. Die traditionellen Schwibbögen zum Beispiel gehen auf die damalige Bergbauarbeit zurück und erzählen die große und tiefe Sehnsucht der Bergmänner nach dem Licht. Die Bergleute waren ja früher sehr lange im dunklen Stollen, denn ihre Schicht begann schon vor Sonnenaufgang und endete erst nach Sonnenuntergang. Der Schwibbogen symbolisiert: Die harte Arbeit ist zu Ende und am Ende des Stollens ist das Licht, da ist Wärme, Hoffnung und Familie. Und die halbrunde Form des Bogens soll an den Ein- und Ausgang des Bergwerks erinnern. Noch heute erhellen die Schwibbögen an den Fenstern die Gemüter der Menschen und schenken ihnen Trost. Auch die Holzfiguren Bergmann und Engel haben eine besondere Bedeutung. Sie gelten als Glück bringende Boten, die der Legende nach den Bergleuten Licht und Wärme spendeten.
Sie verkaufen ja nicht nur Schwibbögen und Engelsfiguren. Was gehört außerdem zu Ihrem Sortiment?
Brigitte Schmidt: In unserem Fachgeschäft gibt es über 1000 originale Artikel aus der Region Erzgebirge. Das ganzjährige Sortiment umfasst unter anderem Pyramiden, Räuchermänner, Baumbehang, Blumenkinder, Herrnhuter Sterne, Annaberger Faltsterne, Hartensteiner Sterne, Spieluhren, Krippenfiguren, Krippenzubehör und Ersatzteile. Mittlerweile wurden die Kollektionen für das gesamte Jahr erweitert. Zur Osterzeit gibt es dann beispielweise Hasenfiguren. Wir verkaufen ausschließlich Holzkunst von namhaften Manufakturen und Herstellern wie Wendt & Kühn, Blank Kunsthandwerk, Hubrig Volkskunst, Torsten Martin und Günter Reichel.
Hat sich die Herstellung der Holzkunst eigentlich in den vergangenen Jahren verändert?
Heike Postle: Manche Hersteller versuchen, die Holzkunst preiswerter zu gestalten, aber die Qualität leidet merklich darunter. Der Qualitätsunterschied zu Alternativen, die nicht aus der Fertigung im Erzgebirge stammen, ist mit jedem Detail spürbar. Die originale Volkskunst wird in akribischer Handarbeit von geschulten Holzkünstlern gefertigt. Und wer einmal das hochwertige, duftende Echtholz der Figuren gerochen hat, gibt sich kaum mit einer Alternative zufrieden. Einigen Herstellern gelingt es aber gut, Tradition mit Moderne zu verbinden, sie gehen mit der Zeit. Wir versuchen stets, unserer Kundschaft eine große Vielfalt zu bieten. An erster Stelle steht aber immer die Qualität.
Sie haben sich ja im Laufe der Jahre eine feste Stammkundschaft aufgebaut. Was denken Sie, warum kommen die Leute immer wieder gern zu Ihnen ins Geschäft?
Brigitte Schmidt: Bei uns im Geschäft geht es nicht nur um professionelle Beratung und den Verkauf von Holzkunst. Wer zu uns kommt, muss Zeit mitbringen, denn wir plaudern gerne mit unserer Kundschaft und erzählen Geschichten über die Entstehung der Erzgebirgischen Holzkunst oder einfach über das Leben. Wir hören den Menschen gern zu, was gerade jetzt in diesen Zeiten besonders wichtig ist. Manche Menschen schütten uns regelrecht ihr Herz aus. Ein bisschen Seelsorge betreiben wir also auch. Unsere Kunden und Kundinnen sind uns dafür dankbar, was wir auch daran merken, dass wir gerade in der Weihnachtszeit viel Selbstgebackenes geschenkt bekommen – verhungern werden wir also nicht! Ich denke auch, die Leute merken, dass wir mit Leib und Seele hinter dem stehen, was wir tun und dass wir die Holzkunst aus dem Erzgebirge wirklich lieben. Unser Wissen, unsere Erfahrung und Leidenschaft geben wir gerne an unsere Kundschaft weiter. Und so bringen Eltern ihre Kinder mit und diese bringen später wiederum ihre Kinder mit. Erzgebirgische Holzkunst fasziniert einfach jede Generation.
Über die Sparkasse Essen bieten Sie Ihrer Kundschaft S-Cashback an. Wie kommt das an?
Heike Postle: Wir sind seit Anfang 2020 S-Cashback Partner. Ich bin erstaunt, wie viele Sparkassen- und S-Cashback Kunden und Kundinnen wir haben, das Mehrwertprogramm wird gut angenommen. Wir gewähren 2 Prozent Cashback ab 30 Euro Einkaufswert. Aber es lohnt sich nicht nur deswegen, bei uns vorbeizukommen.
Stammen Ihre Kunden und Kundinnen eigentlich nur aus der Region?
Brigitte Schmidt: Das Einzugsgebiet unseres Geschäfts umfasst nahezu ganz NRW – von Iserlohn über Köln und Solingen bis hin zur niederländischen Grenze und das gesamte Ruhrgebiet. Wir beliefern Menschen aber auch in anderen Teilen der Welt. Erzgebirgische Holzkunst ist unter anderem in den USA, Kanada, Japan oder Brasilien gefragt. Einige Geschäftskunden oder auch Austauschschüler nehmen die Holzkunst mit ins Ausland – als besonderes Gastgeschenk sozusagen.
Frau Schmidt, Ihre Tochter Heike Postle arbeitet bereits seit einigen Jahren mit im Geschäft. Auch Ihr Sohn Holger steht Ihnen unterstützend zur Seite. Frau Postle, wie sieht die Zukunft der Geschenk-Truhe aus? Wird es sie auch noch in 30 Jahren geben?
Heike Postle: Es wäre schön, wenn meine Tochter das Geschäft irgendwann übernehmen würde. Aber zu 100 Prozent ist sie noch nicht überzeugt, auch wenn sie die Erzgebirgische Holzkunst genauso liebt wie wir. Selbständigkeit ist aber immer auch mit Unsicherheit verbunden, deshalb kann ich es verstehen, wenn sich junge Leute lieber einen festen, sicheren Job suchen wollen. Wer auch immer das Geschäft übernimmt, der braucht Herzblut. Herzblut ist das Wichtigste.
Kontakt: Geschenk-Truhe – Erzgebirgische Holzkunst, Kupferdreher Straße 178, 45257 Essen-Kupferdreh, Telefon: 0201-80922900, E-Mail: info@erzgebirge-nrw.de, Webseite: www.erzgebirge-nrw.de
Titelfoto: Wendt & Kühn