Fellbacher Weingärtner: „Wir haben eine der Toplagen Deutschlands“

Stuttgart ist vor allem für seinen Automobilbau bekannt. Doch direkt vor den Toren der schwäbischen Metropole wird Spitzenwein angebaut – zum Beispiel in Fellbach. Die Winzergenossenschaft Fellbacher Weingärtner, ein Kunde der Sparkasse Waiblingen, wird ab März 2025 Payback-Partner der Sparkassen. Das S-Cashback-Magazin sprach mit Frances Ellwanger, Leiterin Marketing, und Florian Gruner, Finanzgeschäftsführer der Winzergenossenschaft.

Interview: Gunnar Erth

Florian Gruner

S-Cashback-Magazin: Wer sind die Fellbacher Weingärtner?
Florian Gruner: Wir sind eine Winzergenossenschaft mit 210 Mitgliedern, die vor 165 Jahren gegründet wurde. Die meisten der 120 aktiven Winzer leben im Umkreis von 500 Metern um unsere Kelter, hier am Fellbacher Kappelberg. Die Genossenschaft gehört den Mitgliedern. Die Winzer liefern die Trauben bei uns an. Wir verarbeiten sie zu Wein, füllen ihn in Flaschen ab und erledigen den Vertrieb.

Wie groß ist die durchschnittliche Anbaufläche Ihrer Mitglieder?
Florian Gruner: Vom Nebenerwerbswinzer mit 500 Quadratmetern bis zum Winzer mit über 10 Hektar Fläche ist alles dabei. Aber: Jedes Mitglied ist für uns gleich. Zusammen haben wir rund 185 Hektar. Wir sind damit eher klein – und fein! Wir wollen auch nicht über die Masse kommen und achten auf ein konsequentes Qualitätsmanagement.

Und angebaut wird nur am Kappelberg?
Florian Gruner: Der Kappelberg ist der Hausberg Fellbachs. Hier gibt es zwei sogenannte Lagen: die Lage Goldberg in Richtung Remstal und die Lage Lämmler in Richtung Stuttgart. Viele sagen, dass die Lage Lämmler zu den drei Toplagen Deutschlands gehört.
Frances Ellwanger: Der Lämmler ist eine der absoluten Premiumlagen in Deutschland. Der Weinberg hat eine klassische Südhangausrichtung mit steiler Lage und eine tolle Bodenbeschaffenheit, die die Charakterstoffe des Weins prägt. Kurz: Die Reben haben optimale Bedingungen, um sehr gute Trauben für hochwertige Weine zu produzieren. Dafür haben wir übrigens ein Premium-Programm.

Für ihre Weine gewinnen die Winzer aus Fellbach regelmäßig Preise.

Was bedeutet das?
Florian Gruner: Besonders hohe Standards bei der Arbeit im Weinberg. Zum Premium-Programm gehört zum Beispiel eine Ertragsreduzierung. Denn wenn weniger Trauben an einem Weinstock hängen, konzentriert sich die Kraft des Rebstocks auf diese. Während wir für unsere Klassik-Editionen 140 Kilogramm Trauben pro Ar ernten, sind es im Top-Premium-Programm 50 bis 70 Kilo.

Was für Weinsorten wachsen bei Ihnen?
Florian Gruner: Wir haben ein Verhältnis von zwei Drittel Rotwein und einem Drittel Weißwein. Bei den Rebsorten dominieren württembergische Spezialitäten wie Trollinger und Lemberger. Wir haben im Rotweinbereich mittlerweile auch internationale Sorten, die aufgrund des Klimawandels jetzt optimale Bedingungen vorfinden – wie Merlot und Syrah. Im Weißweinbereich sind wir genau so breit aufgestellt mit klassischen Sorten wie Riesling und Müller-Thurgau, aber auch internationalen Sorten wie Chardonnay und Sauvignon Blanc.

Frances Ellwanger

Der Klimawandel spielt so eine große Rolle?
Frances Ellwanger: Ja. Die Reifephase von der Rebblüte bis zur ausgereiften Traube beträgt nur 100 Tage. Die südlicheren Rebsorten setzen viel später mit der Blüte an als heimische Sorten. Deswegen konnten sie früher nicht bei uns reifen. Jetzt, wo es im September oft noch heiß ist, ist das anders.

Wieviel Wein produzieren Sie im Jahr?
Florian Gruner: Wir verarbeiten jedes Jahr im Schnitt rund 2 Millionen Kilo Trauben. Daraus werden rund anderthalb Millionen Flaschen. Wir produzieren Rotwein, Weißwein und Rosé – gerade an Rosé haben wir ein sehr breites Angebot! Dazu kommen Sekte, Seccos sowie alkoholfreie Varianten. Und wir produzieren in allen Gebindegrößen – von der 0,2-Liter- bis zur 6-Liter-Methusalem-Flasche.

Was ist Ihr populärstes Produkt?
Frances Ellwanger: Als Produktgruppe unsere vier Federle-Weine. Seit 2016 produzieren wir diese Weine, deren Alkoholgehalt auf maximal 9,5 Prozent reduziert ist, die aber genauso fruchtig, spritzig und voller Geschmack sind. Damit kommen wir dem Trend entgegen, dass vielen Menschen Wein mit 14,5 Prozent Alkohol zu schwer ist. Unser beliebtestes Einzelprodukt ist der klassische Trollinger Weißherbst.

Geht der Trend nicht weg vom Trollinger?
Frances Ellwanger: Ja, aber Roséwein ist immer mehr im Kommen und Trollinger eignet sich dafür hervorragend.
Florian Gruner: Der Trollinger ist eine absolute Spezialität in Württemberg und wir werden nicht müde, ihn anzupreisen, weil er so universell einsetzbar ist. Der Trollinger ist kein schwerer Rotwein. Man kann sensationelle Roséweine, Weißherbstweine und Cuvées aus ihm machen. Der Vater aller Cuvées ist der Trollinger Lemberger. Viele vergleichen ihn mit dem italienischen Primitivo. Leicht gekühlt, ist er gerade im Sommer ein sensationeller Rotwein!

Die Federle-Weine gehören zu den beliebtesten Erzeugnissen der Winzergenossenschaft.

Wie geht man auf den Geschmack der Leute ein?
Florian Gruner: Das ist immer schwierig, weil wir immer 10 bis 15 Jahre in Voraus planen müssen. Wenn wir sehen, dass die Nachfrage nach Riesling steigt, können wir dies nicht von einem Jahr zum andern bewerkstelligen. Wenn ein neuer Weinstock angesetzt wird, liefert er erst nach vier bis sechs Jahren Vollertrag. Zudem ist die Anlage eines Weinbergs mit hohen Investitionen verbunden und man hat auch noch mehre Jahre lang Verdienstausfall. Die Kunst ist es, den richtigen Riecher zu haben, was die Kunden im Jahr 2039 trinken wollen…

Und was erwarten Sie?
Frances Ellwanger (lacht): Wir hoffen, dass immer noch der Trollinger getrunken wird. Allerdings haben wir den Vorteil, dass unser Angebot sehr breit gefächert ist. Das ist nicht selbstverständlich – an der Mosel dominiert zum Beispiel der Riesling extrem, so wie im Badischen der Spätburgunder. Wir können dadurch jetzt schon schneller auf Trends reagieren.

Die Winzer ernten jedes Jahr etwa 2 Millionen Kilogramm Trauben.

Wenn man so breit aufgestellt ist, braucht man aber auch breites Knowhow. Wie schaffen Sie das?
Florian Gruner: Das Knowhow wurde über Hunderte von Jahren aufgebaut. Viele unserer Winzer haben Weinbau oder Weintechnologie studiert. Außerdem ist der Vorteil einer recht kleinen Genossenschaft, dass man sich gut kennt und eng zusammenarbeitet. Für uns ist aber auch deswegen so wichtig, die nächste Generation heranzuziehen – das geschieht in unserer „Next Generation“, einer Gruppe von etwa zehn Jungwinzern von Anfang 20 bis Mitte 30.

Was machen die?
Florian Gruner: Unter anderem entwickeln sie neue Weine.
Frances Ellwanger: Ich glaube, 2007 fing das an. Damals war unser heutiger Aufsichtsratsvorsitzender Ralf Bauerle dabei. Wir haben jetzt bereits die dritte Generation der Next Generation. Und die nehmen das sehr ernst – seit Anfang des Jahres beschäftigen wir einen tollen zweiten Kellermeister, der auch jung und motiviert ist und neues Knowhow mitbringt.

Wenn man durch Fellbach fährt, kommt man an der alten Kelter vorbei. Inzwischen machen Sie alles hier im neuen Gebäude?
Florian Gruner: Die alte Kelter ist mittlerweile eine reine Veranstaltungshalle der Stadt Fellbach. Allerdings ist die neue Kelter auch nicht mehr so neu. Die ersten Elemente dieses Gebäudes wurden um 1940 gebaut. Bis 2017 haben wir es immer wieder erweitert. Hier wird alles gemacht: Hier werden die Trauben angenommen, vom Kellermeister zu Wein verarbeitet und dieser abgefüllt. Und nebenan läuft unser Vertrieb. Bei uns dürfen übrigens nur unsere Winzer ihre Trauben abliefern.

Sie haben ja auch Preise gewonnen. Passiert das jedes Jahr?
Frances Ellwanger: In den letzten Jahren haben wir jedes Jahr Preise gewonnen, auch international. Man muss natürlich ein bisschen Glück haben und den Geschmack vom Verkoster treffen. Aber wir werden für unsere Spitzengewächse regelmäßig ausgezeichnet, wie zuletzt etwa mit dem Deutschen Rotweinpreis. Mit unserem Muskat Trollinger Rosé stehen wir sogar jedes Jahr in Wien bei der AWC Vienna, dem größten internationalen Weinwettbewerb, auf dem Treppchen.

In Fässern wie diesen lagert der Wein.

Wo kann man Ihre Weine kaufen?
Frances Ellwanger: Wir vermarkten 50 Prozent ab Hof und sind auch im regionalen und nationalen Lebensmitteleinzelhandel, im Fachhandel, der Gastronomie und natürlich unserem Onlineshop unter www.fellbacher-weine.de präsent. Unsere große Stärke ist der Direktvertrieb, nicht zuletzt, weil wir fast täglich eine Veranstaltung machen. Da legen wir sehr viel Herzblut und Engagement hinein. Das geht aber nur mit unseren Genossenschaftsmitgliedern und Angestellten, die solche tollen Events auf die Beine stellen und zum Beispiel die Weinproben leiten.

Was machen Sie denn für Veranstaltungen?
Florian Gruner: Spaziergänge im Weinberg, Kellerführungen, Weinproben jeder Art, von der kleinen Viererweinprobe bis zur kulinarisch begleiteten Weinprobe mit Partnergastronomiebetrieben…
Frances Ellwanger: Auch Yoga und Wein, kulturelle Events, wir sind dazu auf allen möglichen Veranstaltungen in der Gegend vertreten – vom „Fellbacher Herbst“ bis zu „Live im Park“. Das geht halt nur mit unserem tollen Zusammenhalt.

Sie sind auch Partner diverser Sportvereine.
Frances Ellwanger: Richtig – vom großen VfB Stuttgart bis zum kleinen TSV Schmiden. Wir sind exklusiver Weinpartner des VfB Stuttgart mit zwei Cuvées, der „Offensive“ und der „Defensive“. Dazu sind wir Partner der Erstliga-Handballer des TVB Stuttgart und der Volleyballerinnen vom Allianz MTV Stuttgart, die jetzt drei Mal in Folge deutscher Meister geworden sind.

Die Fellbacher Weingärtner sind auf zahlreichen Festen präsent – und richten auch selbst welche im Weinberg aus.

Wie wichtig ist für Sie Beratung?
Florian Gruner: Sehr wichtig. Unsere Philosophie ist: Kaufe den Wein, der zu dir passt und der dir schmeckt. Kauf nicht nach dem Etikett, dem Preis oder weil dir der beste Freund einen Wein empfohlen hat. Komm im Idealfall zu uns in den Verkaufsraum. Dort haben wir über 100 Weine im Sortiment und man kann alle bei uns kostenfrei probieren – an sechs Tagen pro Woche. Unsere Weinfachberater in der Vinothek helfen dabei, den richtigen Wein für jeden Anlass zu finden.

Wie ist denn Ihre Umsatzentwicklung?
Florian Gruner: Positiv. Aufgrund der hohen Qualität unserer Weine und unseres starken Vertriebs verkaufen wir alles, was wir produzieren. Von manchen Sorten könnten wir noch viel mehr verkaufen! Und das, obwohl die Weinwelt in einer Krise steckt. Es gibt sehr viel Wein auf der Welt, was die Preise drückt.

Was bedeutet das?
Frances Ellwanger: In Deutschland zahlen nur wenige Weintrinker über 5 Euro pro Flasche. Der Durchschnittspreis pro Liter Wein liegt in Deutschland bei 2,80 Euro.

Das ist doch gar nicht darstellbar, wenn man bedenkt, wie viel Arbeit drinsteckt.
Florian Gruner: So ist es leider. Es ist ein Handwerk, mit dem Fokus auf dem Wort Hand. Der größte Teil unserer Sorten wird handgelesen.
Frances Ellwanger: In Deutschland ist man leider nicht bereit, für Genuss Geld auszugeben. Da kauft man lieber Massenware aus Südeuropa.

Weinwanderungen gehören zu den unzähligen Veranstaltungen der Fellbacher Weingärtner jedes Jahr.

Wie schaffen es andere Länder, günstiger Wein zu produzieren?
Florian Gruner: Dort sind die Löhne niedriger, aber man setzt auch andere Maschinen und Hilfsstoffe ein. Wir könnten auch viel weniger Arbeit in den Weinberg investieren und so Kosten sparen. Aber wir möchten ein qualitätsvolles Produkt haben – und das geht los beim Inhalt und endet beim Etikett. Das muss für uns stimmig sein, denn anders macht uns die Arbeit keinen Spaß. Das kostet aber auch. Und wir möchten, dass unsere Mitglieder davon leben können.
Frances Ellwanger: Manche unserer Trauben sind bei uns nur 200 Meter unterwegs, bis die Flasche verkauft wird oder hier konsumiert wird. Nachhaltiger und regionaler geht es gar nicht. Der Erhalt der Kulturlandschaft ist uns sehr wichtig. Fellbach ist ein heimatliebender Ort und die Menschen wünschen sich, dass auch weiter hier Weinbau betrieben wird und nicht Brombeerhecken nichtbewirtschaftete Flächen einnehmen. Aber da mache ich mir wenig Sorgen.

Wenn Weine pro Flasche 8 bis 10 Euro kosten, ist die Hürde für die Kunden natürlich hoch.
Florian Gruner: Wir haben natürlich auch Einstiegsprodukte. Der Federle kostet zum Beispiel 5,60 Euro. Aber auch die Einstiegsprodukte müssen qualitativ top sein, damit sie sich von der Konkurrenz abheben.

Ab März 2025 sind Sie ja Payback-Partner der Sparkassen. Was motiviert Sie dazu?
Florian Gruner: Ja, wir bieten dann über Payback drei Prozent Rabatt. Wir finden, dass es für die Kunden der Sparkasse eine ganz tolle Sache ist, diesen Mehrwert zu haben. Aber auch wir haben einen Mehrwert, denn wir können unsere Kunden noch besser begeistern, bei uns Wein zu kaufen. Zudem erhöhen wir unsere Bekanntheit. Es ist eine Win-Win-Situation für alle – und das entspricht ja unserem genossenschaftlichen Gedanken.

Kontakt: Kappelbergstraße 48, 70734 Fellbach. Telefon: 0711 5788030. Internet: www.fellbacher-weine.de

Fotos: Fellbacher Weingärtner, Jürgen Hauck

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